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Afghanistan-Memo #1: Sicherheitslage, Taliban-Politik und ISKP-Propaganda im Überblick

Afghanistan-Memo #1: Die politische und sicherheitspolitische Lage in Afghanistan bleibt auch im April 2025 hochdynamisch. Während die Taliban ihre Herrschaft weiter festigen, häufen sich mediale Angriffe durch den Islamischen Staat Provinz Khorasan (ISKP). Hinzu kommen regionale Konflikte, internationale Spannungen und eine drohende humanitäre Krise durch Massendeportationen.

In diesem Beitrag fassen wir die wichtigsten Entwicklungen zusammen – mit einem Fokus auf sicherheitsrelevante Themen, Propagandaaktivitäten, Menschenrechte und geopolitische Dynamiken.

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Afghanistan-Memo #1: Sicherheitslage, Taliban-Politik und ISKP-Propaganda im Überblick

Unveränderte Sicherheitslage in Afghanistan – lokale Konflikte in Badakhshan

Die Sicherheitslage in Afghanistan blieb in den letzten zwei Wochen weitgehend stabil. Weder vom ISKP noch von Anti-Taliban-Milizen wurden größere Anschläge oder Zwischenfälle gemeldet. Allerdings kam es in den letzten beiden Tagen in den Bezirken Jurm und Baharak (Provinz Badakhshan) zu zwei separaten Zusammenstößen zwischen Taliban-Kräften und Einheimischen – aus unterschiedlichen Anlässen.

Taliban-Führer ruft zur Scharia-Herrschaft auf und kritisiert den Westen

In seiner Eid-ul-Fitr-Predigt in Kandahar bekräftigte der oberste Taliban-Führer Mawlawi Hibatullah Akhundzada das Ziel des Dschihads: die Abschaffung der Demokratie und die vollständige Etablierung der Scharia-Herrschaft. Er rief die Taliban dazu auf, die bestehende Ordnung notfalls mit ihrem Blut zu verteidigen. Zudem beschuldigte er die USA und deren Verbündete, Konflikte in muslimischen Ländern zu schüren – und nutzte das Beispiel des Arabischen Frühlings, um den Westen zu kritisieren.

Taliban bestreiten Zusammenarbeit mit USA gegen ISKP – Streit mit Pakistan über Terrorismus

Ein Sprecher des Taliban-Außenministeriums betonte zwar, dass Sicherheit ein gemeinsames Interesse der USA und Taliban sei – eine praktische Zusammenarbeit im Kampf gegen ISKP gebe es jedoch nicht. Die Taliban behaupten, ISKP sei mittlerweile nach Pakistan ausgewichen, während Pakistan wiederum die TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) beschuldigt, von Afghanistan aus zu operieren.

ISKP intensiviert Propaganda – Drohungen gegen Pakistan und Aufrufe zu Anschlägen im Westen

Die ISKP-nahe Medienlandschaft war in den letzten zwei Wochen besonders aktiv:

  • 25. März: Al-Mursalat veröffentlicht ein Poster in Pashto, in dem Vergeltung gegen Pakistan für die Auslieferung von ISKP-Mitglied Sharifullah angekündigt wird – mit möglicher Bedrohung prominenter Politiker wie Nawaz oder Shahbaz Sharif.
  • 26. März: Weitere Poster rufen zu Einzeltäteranschlägen im Westen auf.
  • 29. März: Die englischsprachige ISKP-Zeitschrift „Voice of Khorasan“ (77 Seiten) unterstellt den Taliban ein Bündnis mit dem Iran und bezeichnet dies als Verrat.
  • 2. April: Mubarizin Media startet eine Podcastreihe über „die Rolle der Frau im Islam“, mit dem Ziel, Frauen ideologisch an ISKP zu binden.
  • 4. April: In „Al-Naba“, dem wöchentlichen IS-Newsletter, wird ein „verwässertes Islamverständnis“ kritisiert, das laut IS „den Dschihad unterdrückt“. Zudem zeigt eine Infografik 57 Angriffe in Westafrika während des Ramadan.
  • 6. April: Ein 35-minütiges Video in Pashto nennt die Taliban „amerikanische Marionetten“ und „Abtrünnige“.

Taliban-Regierung betont Stabilität, Islamische Werte und Fortschritt

In seiner Eid-Botschaft vom 27. März 2025 forderte Akhundzada nationale Einheit und lobte die Rolle der Taliban-Kämpfer, Gerichte und die „Sittenpolizei“ für Sicherheit und Gerechtigkeit. Wirtschaftliche Not sei „feindliche Propaganda“, während große Infrastrukturprojekte angeblich in Umsetzung seien. Kritik am Regime wies er zurück – ebenso wie die Einmischung aus dem Ausland.

Pro-Taliban-Frauen demonstrieren – Ablehnung westlicher Repräsentation

Am selben Tag demonstrierten Hunderte Frauen in Balkh, um ihre Unterstützung für das Taliban-Regime zu zeigen. In Hijabs gekleidet und mit Taliban-Flaggen ausgestattet, erklärten sie, dass westliche Afghaninnen sie nicht repräsentieren könnten – dies könnten sie nur selbst innerhalb Afghanistans.

Sicherheitsbericht an Taliban-Führung – Festnahmen chinesischer Goldschmuggler

Am 28. März übergaben mehrere hochrangige Taliban-Kommandeure, darunter Verteidigungsminister Mawlawi Yaqub und Innenminister Sirajuddin Haqqani, einen umfassenden Sicherheitsbericht an den obersten Führer. Am selben Tag wurde bekannt, dass vier chinesische Staatsbürger beim Versuch, 678 Gramm Rohgold aus Afghanistan zu schmuggeln, verhaftet wurden – bemerkenswert angesichts der dominanten Rolle chinesischer Unternehmen im afghanischen Bergbausektor.

Freilassung einer US-Bürgerin nach Drohnen-Vorfall in Bamyan

Am 30. März ließen die Taliban die US-Staatsbürgerin Faye Dail Hall frei, die am 1. Februar wegen unautorisierter Drohnennutzung in Bamyan festgenommen worden war. Sie war gemeinsam mit einem britischen Ehepaar und einem Dolmetscher inhaftiert worden.

Hizb ut-Tahrir kritisiert Taliban-Kontakt zu USA – Mord an zwei jungen Afghanen in Kunar

Die radikal-islamische Bewegung Hizb ut-Tahrir warnt die Taliban in ihrer Eid-Botschaft vor engeren Beziehungen zu den USA und nennt diese den „Hauptfeind des Islam“.

Am 1. April wurden in der Provinz Kunar zwei junge Männer erschossen – angeblich durch Taliban-Mitglieder aus einer anderen Provinz. Laut Polizei sei der Hintergrund eine eskalierte Auseinandersetzung zwischen Einheimischen und Besuchern gewesen. Eine Untersuchung läuft.

Massendeportationen afghanischer Flüchtlinge aus Pakistan und Iran drohen humanitäre Katastrophe

Die systematische Abschiebung afghanischer Flüchtlinge aus Pakistan und dem Iran – über acht Millionen Menschen leben dort – könnte eine gravierende humanitäre Krise auslösen. Während mit dem Iran über eine geordnete Rückführung verhandelt wird, laufen die Abschiebungen aus Pakistan chaotisch und teilweise gewaltsam ab. Die Taliban behaupten, „vollständig vorbereitet“ zu sein, um die Rückkehrer aufzunehmen – inklusive eigens eingerichteter Komitees.

Taliban-Außenminister besucht Saudi-Arabien mit UNO-Erlaubnis

Die UN hat dem Taliban-Außenminister Mawlawi Amir Khan Muttaqi eine Ausnahmeregelung für ein Reiseverbot erteilt, sodass er zwischen dem 23. März und 10. April 2025 die Umrah in Saudi-Arabien durchführen kann. Laut Taliban-Sprecher sei der Besuch ein bedeutender Schritt zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen. Der Empfang durch saudische Behörden sei „herzlich und auf Augenhöhe“ erfolgt.

Fazit Afghanistan-Memo #1

Die Entwicklungen in Afghanistan zeigen, wie eng innenpolitische Machtverhältnisse, religiöse Ideologien und internationale Beziehungen miteinander verwoben sind. Während sich die Taliban nach außen hin stabil zeigen, nehmen Konflikte mit regionalen Akteuren sowie Propaganda durch Extremistengruppen weiter zu. Auch die Rückführung von Millionen Flüchtlingen könnte das fragile Gleichgewicht gefährden.

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